Diese sehr späte Karte der östlichen und westlichen Adriahälfte "wiederholt" bzw. erweitert die Tradition der antiken Karten, welche neuerlich, viele Jahrhunderte später, eine Renaissance erlebt haben. Während dieser Periode haben viele Kartografen umfangreich das ptolemäische Erbe genutzt und die Karten reproduziert, erweitert und eigene Platten als Überarbeitung der originalen ptolemäischen Karten mit neuen Ergänzungen (tabulae modernae oder novae) herausgegeben. Der namhafte französische Kartograf Sanson und der Herausgeber Mariette haben sich in einer politisch und kriegerisch turbulenten Zeit des 17. Jahrhunderts, insbesondere im südöstlichen Teil Europas, auf die verwaltungs-terretorialen Einheiten dieses Raumes von der Drau bis zur Donau im Norden und Osten bezogen. Deren Arbeit stellte den Höhepunkt der französischen Kartographie der frühen Neuzeit dar. Auch in der Titelkartusche werden die dargestellten Gebiete angegeben (Rhaetia, Noricum, Pannonia (Prima et Secunda) et Illyris), und zusätzlich werden die Bewohner, die in Illyrien leben (Populi Iapodes, Liburni et Dalmatae), bezeichnet. Interessant ist, dass die französischen Kartographen in der Zeit der osmanische Expansion in diesen Gebieten auch die eroberten Gebiete als Bestandteil der westeuropäischen (antiken) Zivilisation darstellen. Die Vorlage für diese Karte bildeten Abwandlungen der Ptolemäischen 5. Karte von Europa, von denen einige in der Sammlung Felbar enthalten sind (etwa die Karte von Mercator mit der Inventarnummer 268, Rosaccio Nr. 547, Rosaccio Nr. 569, Ruscelli Nr. 70, Münster Nr.120, Stirk Nr. 33 sowie Waldseemüller Nr. 97, 105 und 269). Mit der Karte von Münster teilt diese Karte die gestalterischen Elemente, wie die Kartusche mit einer narrativen Beschreibung in der linken unteren Ecke. Die Kupferplatte wurde von Louis Cordier gezeichnet. Interessant bei dieser Karte ist, dass auf der ursprünglichen Karte mit einer antiken terretorialen Aufteilung nachträglich von Hand die Grenzlinien von Mächten eingezeichnet wurden, die im 18. Jahrhundert Ansprüche auf diese Gebiete gestellt haben.. So ist etwa in Istrien die Grenze zwischen den venezianischen und österreichischen Besitzungen gut zu erkennen, was auch der politischen Ordnung dieser Zeit tatsächlich entspricht und ohne Rücksicht darauf, dass die kartographischen Inhalte und Ortsbezeichnungen der originalen Platte Angaben und Inhalte aus der römischen Zeit enthalten. Im östlichen Bereich Kroatiens ist auch jener Bereich farblich bezeichnet, den Österreich im Frieden von Požarevac im Jahr 1817 erhalten hat, als die Grenze zum osmanischen Reich südlich der Sava verlegt wurde.